Ethisches Leadership

Führen wie König Artus und die Ritter der Tafelrunde?

Gehen wir in unserer Gesellschaft eigentlich überhaupt noch davon aus, dass Führungskräfte in Unternehmen ethisch, moralisch und integer sind –  also ethisch und integer sein wollen und sich auch ebenso verhalten und danach handeln?
 
Ethik, Moral, Integrität: Das sind Begriffe, die ein System aus Normen und Werten beschreiben. Verhaltensregeln, die wir uns selbst, als Gesellschaft, auf unsere Fahne schreiben. Verhaltensweisen, die „erwünscht“ sind: Basierend auf relevanten, edlen, manchmal heroischen Werten, die allgemein akzeptiertes „richtiges und gutes“ Handeln definieren und damit Orientierung geben, um unser aller Bedürfnis nach Sicherheit, sozialer Ordnung und einem gutem Leben zu stillen.
 
Einen Klassiker für Menschen mit edlen, heroischen Werten kennen Sie alle:
Die Sagengestalt König Artus, am Hof von Camelot, mit seinen Rittern der Tafelrunde, verortet 500 n. Chr. – und den „Heiligen Gral“, Zauberern, usw. – je nach Version.
Eine Deutung dieser Erzählung stellt eine interessante These auf: Dass König Artus seine Ritter vor allem deswegen an einem runden Tisch versammelte, um unter ihnen Rangstreitigkeiten und schwelende Landesstreitigkeiten zu vermeiden.
 
Ein wirksames Mittel, das Artus zusätzlich nutzte, waren die gemeinsamen Ideale, die „Ritterlichen Tugenden“. Dieser Ehrenkodex verband alle Beteiligten als Gleichwertige: Edelmut, Treue, Tapferkeit, Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Verlässlichkeit und edle Gesinnung. Schon damals das erfreuliche Ergebnis: Mehr Sicherheit und Lebensqualität, für alle Beteiligten.

Auch wir bekennen uns heute – angepasst an unsere Zeit – zu gemeinsamen Werten, die den Tugenden der sagenumwobenen Ritter durchaus ähneln. Unternehmen und Führungskräfte unterwerfen sich selbstgewählten Ethik-Leitlinien und definieren Unternehmens- und Führungswerte, nach denen sie sich verhalten wollen, für ein ehrenwertes Miteinander.
 
Sehen wir da mal genauer hin:
Was bleibt von diesen hohen Werten im eigenen Tagesgeschäft? Wo ist moralisches, integres Verhalten in Unternehmen ausgeprägt, wo weniger – und wovon hängt das ab?

Klar scheint: Solange sich Führungskräfte nur mit der reinen Gesinnung und der puren Absicht zufriedengeben, diese Werte aber nicht konsistent als eigenes Vorbild leben, ist nichts Dauerhaftes erreicht. Was, wie wir wissen, auch den Rittern der Tafelrunde zum Verhängnis wurde: Ein Ritter begann, den Kodex zu missachten. Das sprang über auf andere in der Runde. Es entstand persönliches Vorteilsstreben, Konkurrenz, Missgunst, Hinterlist, Kampf, Verrat… und führte zum Untergang der Tafelrunde, des blühenden Reichs, der ganzen Epoche.
 
Vor diesem Hintergrund zeigen Studien zum Thema „Moral in Unternehmen und in der Führung“ zwei wichtige Zusammenhänge:

1. Nicht jedes unmoralische Verhalten wird gleichermaßen bewertet.
Wenn Mitarbeiter mit schwächeren Leistungen oder Ergebnissen unmoralisches Verhalten zeigen, dann erfahren sie oft klare Konsequenzen. Wenn allerdings leistungsstarke, erfolgreiche Mitarbeiter genau dieselben moralischen Werte und Normen verletzen, dann wird ihnen dies eher verziehen. (Studie 2016).
 
2. Mitarbeiter mit einer ausgeprägten moralischen Persönlichkeit  engagieren sich stärker für ihr Unternehmen als solche, bei denen ethische Aspekte eine untergeordnete Rolle spielen.
Dies ist das Ergebnis einer anderen Studie der Professorin und Psychologin Taya Cohen:
Ethische und moralische Werte im Unternehmen zahlen sich also direkt aus, denn Personen mit hoher Moral leisten mehr.

Und im Umkehrschluss schadet unmoralisches Verhalten dem Unternehmen gleich zweifach: Neben möglichen direkten Folgeschäden natürlich auch durch das grundsätzlich kleinere Engagement der Mitarbeiter.

Eine zweite Erkenntnis ist vielleicht sogar noch wichtiger:
Entscheidend ist die gelebte Moral der Führungspersonen. Denn verletzen erfolgreiche Führungspersonen die von ihnen selbst formulierten Werte und werden ihnen diese dann auch noch verziehen, gibt es schlichtweg keine Impulse mehr, damit sich diese Führungskräfte wieder an die eigene Ethik und Moral halten.

Sie senken so den Maßstab der „gewünschten Moral“ für ihre Untergeordneten. Dem schleichenden moralischen Verfall nach dem Motto „Erfolg rechtfertigt alle Mittel“ steht also nichts Substantielles mehr im Weg – manchmal bis „der Krug am Brunnen zerbricht“, so wie gesehen bei den vormals edlen Rittern der Tafelrunde…
 
Aber betrachten wir Werte, Ethik, Moral und Integrität jetzt einmal ganz realistisch, wie wir sie in der kontinuierlichen Abwägung im täglichen Business erleben und selbst leben. Denn eine Wahrheit ist: Es ist unmöglich, sich in jeder einzelnen denkbaren Situation vollständig moralisch und integer zu verhalten.

Eine Definition von Ethik und Moral ist ein „von der Gesellschaft befürwortetes Verhalten“, eine andere Definition „der gute Wille, dass bei einer Handlung immer das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl von Menschen erreicht wird“. Damit wird eine Handlungsentscheidung in der realen Unternehmenswelt zu einem multi-perspektivischen Dilemma für jede Führungskraft:

  • Wie handle ich nach diesem Prinzip im Sinne der Organisation, für die ich arbeite?
  • Wie handle ich in Bezug auf das, was jeder einzelne Mitarbeiter befürwortet oder eben nicht? Wie bezüglich dem, was Kollegen, Kunden am liebsten hätten?
  • Und nicht zuletzt auch mit Blick auf das, was ich als Führender ganz persönlich bevorzuge – wie priorisiere ich meine eigenen Wertvorstellungen und Bedürfnisse?

Oft passt alles wunderbar einfach zusammen – manchmal aber auch nicht.
Und genau dann zeigt sich, wie ethisch und integer sich eine Führungskraft verhält. Und leider passiert es immer wieder, dass Menschen plötzlich ihre bis dahin hohe Integrität dauerhaft verspielen – in einem unbedachten, oft nur kurzen Moment.

Was ist also zu tun?
Sowohl Unternehmen als auch Führungskräfte können – und sollten – ganz konkret strukturelle und kulturelle Settings fördern, die eine ethikbewusste Führung ermöglichen und befördern. Denn das „Bewusstsein“ und die Aufmerksamkeit auf Ethik und Moral durch die Führungskraft selbst ist Voraussetzung, damit sich Mitarbeiter moralisch und integer verhalten. Es liegt also in der Hand von uns Führungskräften!
 
Schaffen Sie also für sich und Ihre Mitarbeiter regelmäßig Situationen, die hinreichend „Raum“ für ethische Reflexionen und Diskussionen lassen. Beleuchten und begründen Sie knifflige Entscheidungen und relevante Handlungen im Unternehmen explizit unter der ethisch-moralischen Sichtweise.
So erhöhen Sie die Chancen, dass Sie selbst und alle Ihre Mitarbeiter auch in schwierigen Situationen ethisch-moralisch agieren (und sich für die gute Sache engagieren …).

In Ihrem eigenen Führungsverhalten sind es unter anderem drei Dinge, auf die Sie bei sich selbst ganz bewusst achten sollten:

  • Moralität
    Eine integre Führungskraft denkt nicht nur an sich selbst oder ihr Ego. Sie ist sich der Verantwortung gegenüber anderen und deren berechtigten Interessen bewusst und zeigt „guten Willen“: Sie versucht, mit ihrem Handeln für möglichst Viele etwas möglichst Gutes zu erreichen.
  • Authentizität
    Eine integre Führungskraft kennt ihre Werte und ist mit diesen Werten verbunden. Vor allem aber zeigt sie die Umsetzung dieser Werte nicht nur in Worten, sondern in Taten: d.h. sie tut, was sie sagt, und hält, was sie verspricht („walk the talk“).
  • Standhaftigkeit im Angesicht von Widerständen
    Eine integre Führungskraft steht zu ihren Worten und Werten auch dann, wenn dies für sie mit schwierigen Situationen verbunden ist. Exakt solche Entscheidungssituationen sind die Nagelprobe für die Wahrung der eigenen Integrität – oder eben zentrale Ursache für deren Verlust.

Überprüfen Sie Ihr Führungsverhalten regelmäßig anhand dieser fünf goldenen Fragen:

  1. Wie ethisch verwertbar ist das Ergebnis, das ich mit meinem Ziel anstrebe? Was sind die Konsequenzen für Andere?
  2. Was verändert sich zum Positiven durch mein Handeln – für Kunden, für mein Unternehmen, für meine Mitarbeiter, für mich?
  3. Welche weiteren Alternativen zu meiner Vorgehensweise habe ich geprüft, wie offen bin ich für andere Wege?
  4. Wie gut kann ich mein Handeln mit ethisch-moralischen Werten begründen?
  5. Welche Bereitschaft besitze ich, um für die überschaubaren Konsequenzen meines Handelns auch geradezustehen?

Unser Fazit:
Bleiben Sie dran an der täglichen Interaktion und Reflexion für ihr moralisches und integres Führungsverhalten – in all den möglichen und unmöglich erscheinenden Führungssituationen.
Im Kampf um den Mythos der modernen Sagengestalt „Ethisches Leadership“ und seine „ehrenhaften, edlen (Führungs-) Ritter der Tafelrunde (bzw. des Führungskreises)“.

Wir stehen Ihnen zur Seite: Hören zu und finden gemeinsam mit Ihnen Lösungen, als kompetente Sparringspartner für Ihre ethische Führungsrunde!

Bleiben Sie gesund und zuversichtlich!
Gabriele Ella und Bernhard Freudenstein