Aprilwetter in der Führung

Steht modernes Leadership jetzt gerade bei Sonne im Regen?

Die Krise ist eine Unverschämtheit?

Krisen werden in der Politik als Unverschämtheit gesehen – das sagt Thomas de Maizière in einem Buch, das er zusammen mit Karl-Ludwig Kley, Aufsichtsrat der Lufthansa und E.ON, über Führung geschrieben hat. Ausnahmezustände oder gar Katastrophen sind in der politischen Führung nicht vorgesehen, nicht zugelassen, nicht erlaubt.

Wie führen wir dann in Krisensituationen, die trotzdem eintreten? Obwohl es keiner „wollte“, es nicht „sein darf“, es „keiner hat kommen sehen“?
 
Vielleicht wie das Wetter im April – heute so, morgen so, wie Roberto Blanco schon sang? Vormittags mit Sonne und nachmittags mit sibirischer Kälte? Je nach eigener Stimmungslage? Unterm Regenschirm, wenn die Sonne scheint, oder ohne Regenschirm im Graupelschauer? Oh je, letzteres ist auch noch schmerzhaft!

Die Wirtschaft weiß es - eigentlich: Krisen sind Teil der Normalität.

Und wäre modernes Leadership nicht ideal für das Führen in der Krise? Denn modernes Leadership ist doch geprägt durch bessere Fähigkeiten im Umgang mit Volatilität, Unvorhersehbarkeit, Komplexität und Mehrdeutigkeit.
 
Im Moment gibt es durchaus viele Führungskräfte, die sich durch eine schwierige Zeit kämpfen müssen. Was wir in den Unternehmen jedoch aktuell erleben, ist nicht wirklich ein Beispiel für „moderne Führung“ – eher für eine teilweise bereits überwunden geglaubte Vergangenheit in der Führung:

Durch die Unsicherheit wissen viele Führungskräfte nicht mehr genau, wie sie ihre Mitarbeiter konstruktiv führen sollen, welchen Fokus, welche Haltung und Einstellung sie einnehmen sollen.

Sie gehen auf Schlingerkurs. Viele verfallen in „alte Muster und Glaubenssätze“.

Sie regieren z. B. wieder durch, führen direktiv, verlassen die Augenhöhe, herrschen von oben herab. Sie kontrollieren wieder engmaschig, verlieren sich in Micro-Management. Halten Informationen zurück – bewusst oder auch unbewusst – und viele sind wieder „der beste eigene Mitarbeiter“.

Andere führen ebenfalls wieder wie früher, nur anders: Sie warten ab, zweifeln und zaudern. Sie sehen sich als Opfer „ungerechter“ Umstände. Manche führen gar nicht mehr, ganz nach dem Motto: Ich bin dann mal weg. Sie vergraben sich entweder im Homeoffice oder in Terminen, glänzen mit Nichtpräsenz und sind für ihre Mitarbeiter nicht verfügbar, nicht ansprechbar.

Also ein ziemliches Durcheinander in der Führung. Manchmal alles innerhalb eines Unternehmens. Das ist alles weit weg von Klarheit und modernem Führungsverhalten. Die Geschäftsführung hat in solchen Zeiten oft wenig „den Kopf frei“ für Einblick in solche aufgeregten, versprengten, angespannten Führungssituationen der nächsten Ebenen.
 
Die „Mannschaft“, die Mitarbeitenden reagieren natürlich – übrigens auf beide Arten von Führungsrückfall – ähnlich: verunsichert, verärgert, resigniert, mit tendenziell niedriger Motivation und Leistung. Und das auch völlig zurecht.


Nur einige wenige erkennen die Chance dieser Zeit. Sie machen genau jetzt einen bewussten Change in ihrem Führungsverhalten und versuchen genau jetzt agiles, modernes Führen hochzuhalten oder zu etablieren.

Krisen sind Teil der Normalität: Gute Führung überwindet Krisen.

Moderne Führung braucht die Fähigkeit, zukunftsorientierte Merkmale und Qualitäten zu verbinden. Diese umfassen nicht nur faktenbasiertes „Business“ Management, sondern vor allem das „People“ Management: emotionale Intelligenz, Empathie, wertebasiertes Auftreten, Vision & Mission, Engagement, Motivation und Konsensbildung.
 
Gut gemacht, zeigt dies Effekte und Verhaltensweisen wie

  • hohe Anpassungs- und Handlungsfähigkeit gegenüber jeglichen Veränderungen, agiles Arbeiten und hohe Flexibilität auf allen Ebenen
  • hohen, transparenten und zielorientierten Informationsfluss
  • klare Strukturen und zügige, transparente Entscheidungsfindung
  • einen Mindset in der Chefetage, der geprägt ist von einer Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Führungskräften und Mitarbeitern: im Dialog, mit Vertrauen und gegenseitiger Akzeptanz
  • einer offenen, lern- und lösungsorientierten, unterstützenden Fehler- und Feedbackkultur
  • Fairness und Respekt durch das Treffen klarer Vereinbarungen und Konsequenz durch Einhaltung von getroffenen Absprachen
  • die Fähigkeit der Führenden, Aufgaben und Herausforderungen an Mitarbeiter und ganze Teams zu übertragen und die Mitarbeiter zu entwickeln und zu unterstützen: Lösungs- und Zusammenarbeitskompetenz im Team aufbauen, die Stärken des einzelnen ideal einsetzen, individuelle Schwächen über die Gruppe ausgleichen

Wir plädieren dafür, dass sich Unternehmen genau jetzt wieder einen aktualisierten Überblick über das „Leadership-Verhalten“ ihrer Führungskräfte verschaffen – und nachsteuern, wenn nötig. Um vielleicht wieder zu einem wirksamen Leadership zu kommen, wieder in einen „geordneten Modus“ zu gelangen. Einen proaktiven Modus, in dem Führungskräfte nicht nur reagieren, sondern bewusst und selbstbestimmt strategisch in Richtung Zukunft agieren – unaufgeregt und effizient!

So einen aktualisierten, geordneten Modus zu erarbeiten bedeutet zum Beispiel, zum Teil auch „alte“ Verhaltensweisen wieder aufzugreifen – weil die gut waren – und diese zu kombinieren mit neuen Abläufen aus der Krisenbewältigung – weil die auch gut sind!
Es gilt also, ein „moderneres Update“ der eigenen Führungskultur zu reflektieren, zu etablieren und zu festigen.

Damit dann, wenn es jetzt bald wieder aufwärts gehen wird, alle im Unternehmen abgestimmt, engagiert, begeistert und eigenverantwortlich Vollgas geben werden!

Verschaffen Sie sich wieder einen Überblick und finden Sie Ihren guten Weg!

Gabriele Ella und Bernhard Freudenstein